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Umgang mit depressiven Freunden und Angehörigen

Depression ist eine ernste Krankheit und kann tödlich enden, wenn Betroffnen nicht geholfen wird. Viele depressive Menschen sind nicht in Behandlung und verbergen ihre Krankheit vor dem eigenen Umfeld. Familie und Freunde wissen oft nicht einmal, was es bedeutet, Depression zu haben oder wie sie damit umgehen sollen. Hilfreiche Tipps und nützliches Wissen für dich.

Bist du okay? Umgang mit depressiven Freunden und Angehörigen

Obwohl die Depression mittlerweile als Volkskrankheit betitelt wird, scheint es weitgehend doch ein Tabuthema zu sein. Selten sprechen Betroffene offen über ihre Krankheit, da dies weiterhin mit Scham verbunden ist. Spricht doch jemand darüber, sind gehässige oder unsensible Kommentare nicht weit entfernt.

“Übertreib doch nicht! Du bist gesund, hast ein Dach überm Kopf und ein gutes Leben!”

Unverständnis ist der falsche Umgang mit Betroffenen. Eine Depression ist keine sichtbare Krankheit im herkömmlichen Sinne, aber sie ist eine Krankheit und somit gibt es sogar Gründe sich Sorgen um Betroffene zu machen. Mindestens einmal im Leben erkranken 5,3 Millionen Deutsche an Depression. Frauen erkranken doppelt so viel wie Männer, aber die Krankheit macht auch keinen Halt vor jüngeren Menschen. So sind 14% der Kinder und Jugendlichen betroffen, wobei Kinder unter 10 Jahren seltener erkranken. Laut WHO gibt es etwa 350 Millionen Menschen weltweit, die an Depression leiden.

Früher oder später bemerken auch Angehörige die Veränderungen an einem Erkrankten und sind oftmals überfordert im Umgang. Wenn du jemanden kennst, der erkrankt ist, erfährst du hier, wie du bestenfalls mit der depressiven Person umgehen kannst.

Aber was genau ist eine Depression?

Eine Depression ist eine affektive Störung oder einfacher gesagt eine psychische Erkrankung, bei der es unrealistisch und unfair gegenüber Betroffenen wäre eine Art Prototyp anhand von Symptomen und möglichen Ursachen festzulegen. Um eine Diagnose zu stellen, werden Betroffene befragt und häufig beschreiben diese das Empfinden einer andauernden und tiefen Traurigkeit. Oftmals bemerken Betroffene recht spät, dass sie eine Krankheit haben und verstehen teilweise selbst nicht, was mit ihnen geschieht, da die Depression sich nicht ankündigt.

Mögliche Symptome:   

Körperlich: 

Schlaflosigkeit, verminderte Konzentration, andauernde Müdigkeit, Kraftlosigkeit, Bauchschmerzen, Magen-Darm-Probleme, Kopfschmerzen, Herzschmerzen / Druck auf der Brust, Luftnot, Tinnitus

Psychisch:

Hoffnungslosigkeit, Hilflosigkeit, Schlechtes Gewissen, Angst / Angststörungen, Selbstzweifel / Minderwertigkeitskomplexe / geringeres Selbstvertrauen / Gefühl von Wert- bzw. Nutzlosigkeit, Suizidgedanken

Verhaltensauffälligkeiten: 

Pessimistische Grundeinstellung, Interessenlosigkeit (sich innerlich leer fühlen, nichts zu empfinden), Antriebslosigkeit, Reizbarkeit, Apathie, Sexuelle Dysfunktion, Appetitlosigkeit, Isolation

Obacht!

Die oben genannten Symptome treffen nicht bei jedem Betroffenen gleichermaßen zu und eine Appetitlosigkeit kann bei einigen Betroffenen sogar nach einer Zeit ins Gegenteil umschlagen. Es kann vorkommen, dass Betroffene Phasen haben, in denen sie mehr essen (sogar eine Essstörung entwickeln), um die Leere in sich zu füllen und Glücksgefühle zu erzeugen.

Wie verläuft eine Depression?

Kein Mensch kommt mit Depressionen zur Welt. Es ist auch eigentlich keine ansteckende Krankheit, doch sollte eine Veranlagung in der Familie liegen, ist man eher dazu geneigt auch Depressionen zu entwickeln. Es gibt drei Formen der Depression, die sich bestenfalls anhand der medizinischen Aufzeichnung identifizieren lassen können. Es ist aus medizinisch-psychologischer Sicht nicht möglich der Krankheit eine Ursache zuzuordnen. Ein Auslöser könnte ein Vorfall wie beispielsweise der Verlust eines geliebten Menschen oder die Kündigung sein. Ein Todesfall ist natürlich nicht alltäglich und auch nicht gleich ein Grund für Depressionen. Selbstverständlich muss zwischen Trauer und Depression differenziert werden. Je mehr der genannten Symptome zutreffen und länger als zwei Wochen andauern, je genauer muss darauf geachtet werden. Die Hilfe von Fachleuten sollte dabei in Anspruch genommen werden.

Mediziner differenzieren einen Krankheitsverlauf folgendermaßen:

Unipolar: tritt am häufigsten auf und die Depression verläuft in unterschiedlich langen Episoden. Diese Variante kann im Laufe des Lebens immer wiederkehren und das obwohl der Betroffene eventuell Jahrelang keine Symptome gezeigt hat.

Bipolar: Auch manisch-depressiv genannt. Betroffene haben oftmals ein Hochgefühl, was sich durch geladener Energie und Tatendrang, Ruhelosigkeit ausdrückt und einer euphorischen Grundstimmung, die von jetzt auf gleich ins Gegenteil schlägt. Patienten mit einer Bipolaren Störung müssen medikamentös behandelt werden.

Dysthymie: Dieser Begriff wird verwendet, wenn die Symptome mindestens zwei Jahre andauern. Die Symptome sind zwar nicht so stark wie bei Unipolar und Bipolar, aber dennoch durchgehend vorhanden und hier kann man dann von einer chronischen Depression sprechen.

Wusstest du dass, ...

laut dem Bundesministerium für Gesundheit 16 bis 20 von 100 Personen mindestens einmal im Leben an Depressionen erkranken? Die Covid-19 Pandemie hat einiges verschlimmert und auch keinen Halt vor jungen Menschen gemacht: Social Distancing sowie die Schließung von Schulen waren sicherlich wichtige Faktoren für die gestiegenen Zahlen unter Jugendlichen. Gerade im ersten Jahr stieg die Zahl der depressiven Jugendlichen drastisch. So waren nach dem ersten Lockdown schon 25 Prozent der Jugendlichen zwischen 16 bis 19-Jährigen betroffen. 2020 gab es insgesamt 9206 Suizidfälle. Die zweithäufigste Ursache dafür waren Depressionen.

Zugegeben manchmal dauert es etwas, bis der Betroffene einen Therapieplatz findet. Das ist ein deutschlandweites Problem. Oft kommt es aber auch vor, dass Betroffene Hilfe verweigern und sich selbst aus der Situation “befreien” wollen. Das Gefühl versagt zu haben, hindert sie tragischerweise nach Hilfe zu fragen oder anzunehmen. Es gibt Anlaufstellen, wie die TelefonSeelsorge, bei der du Rat einholen kannst.

Die Rufnummer der TelefonSeelsorge: 0800 1110111 kannst du 365 Tage im Jahr 24h erreichen.

Warnsignale für ein erhöhtes Suizidrisiko:

Isolation: Der Betroffene beschränkt seine sozialen Kontakte radikal

Hoffnungslosigkeit: Oftmals tritt ein Morgentief auf, was die Aktivität erschwert, während Abends der Eindruck von Besserung entsteht

Probleme häufen sich: Auch in anderen Feldern wie Beruf oder Finanzen treten Schwierigkeiten auf

Ankündigung von Suizid: Es fallen vermehrt Selbstmordgedanken

Bei einem akuten Fall der Selbstgefährdung darfst du keineswegs zögern und unmittelbar den Notarzt unter 112 rufen. Dieser kann dann situativ weitere Schritte einleiten und die Lage beruhigen. Zwangsläufig kommt ein depressiver Mensch nicht drum herum sich aktiv Hilfe zu suchen, um wieder ein gesundes und erfülltes Leben zu führen. Die Unterstützung des Umfeldes durch Freunde und Familie kann dabei sehr heilsam sein.

Umgang mit depressiven Freunden

1) Informieren

Es ist schön, dass du mehr über das Thema wissen möchtest und diesen Artikel liest. Nun weißt du bereits, was Depressionen sind und kannst mitreden. Es wäre fatal sich ohne jegliche Auseinandersetzung mit der Thematik gleich eine Meinung zu bilden oder gar Ratschläge zu äußern.

2) Kommunikation

Jetzt wo du weißt, was Depressionen sind, solltest du mit deinem Freund/in sprechen. Ist es denn offensichtlich, dass dein Freund/in Depressionen hat oder vermutest du es nur? Falls es bis dahin keine Klärung gab, solltest du behutsam nachhaken. Es kann natürlich sein, dass er/sie es selbst nicht wusste. Vielleicht ist es ihm/ihr doch bekannt und er/sie ist danach erleichtert, weil er/sie nun einen Freund/in hat, vor dem er/sie sich nicht verstecken muss.

3) Freundschaft pflegen

Suche den Kontakt. Sich zurückzuziehen wäre kränkend und mit einer Ablehnung gleichzusetzen. Du ziehst dich zurück, weil du überfordert bist, er/sie hingegen fühlt sich in seiner/ihrer negativen Haltung bestätigt und fühlt sich allein.  Das beste was du tun kannst, ist das Gespräch zu suchen, Verabredungen einzuhalten und ihm/ihr zu signalisieren, dass du ihn/sie nicht verurteilst und da bist. Dazu müsst ihr aber nicht ununterbrochen über die Krankheit sprechen.

4) Ratschläge

Wer kennt das nicht? Ist man selbst nicht betroffen, scheinen die Dinge ziemlich einfach zu liegen und man hat den Durchblick. “Ich würde an deiner Stelle …” und schon gibt es eine Diskussion, Streit oder dein Freund/in ist eingeschnappt. Zum Verständnis: Du bist nicht depressiv und es ist nicht dein Leben. Wenn dein Freund/in gerade keinen Ausweg erkennt und alles nur noch hoffnungslos findet, heißt es nicht, dass du ihm/ihr mit Ratschlägen oder Unverständnis aus der Situation hilfst. Viele Betroffene fühlen sich nicht ernst genommen und reagieren mit Rückzug, wenn jemand versucht das Leben schön zu reden.

5) Nicht persönlich nehmen

Nimm es nicht persönlich, wenn dein Freund/in mürrisch oder negativ reagiert. Im Grunde genießt er/sie trotz der Symptome die Nähe zu dir. Es hat nichts mit dir zutun. Natürlich darfst du dir auch nicht alles gefallen lassen. Sollte der Freund/in seine Grenzen überschreiten, musst du ihm/sie das wissen lassen. Verständnis für die Krankheit hast du inzwischen, aber du hast auch Gefühle und Depressionen sind kein Freischein, um ein Arschloch zu sein. Ihn/sie aber dann abzulehnen, würde die Situation verschlimmern.

6) Zuhören

Oft sagen Menschen Dinge, die sie so nicht meinen. Auch depressive Menschen. Es gibt einen Unterschied zwischen “Omg ich habe mich so blamiert. Am liebsten wäre ich gestorben!” und “Ich sehe keinen Sinn mehr im Leben und denke manchmal, es wäre der einfachste Weg, wenn ich das alles beende!”. Du kennst deinen Freund/in und hast mittlerweile ein besseres Feeling für seine/ihre Symptome. Meint er/sie das wirklich ernst? Falls du dir unsicher bist, frag genauer nach und versuch ihm/ihr Mut zuzusprechen, auch wenn er/sie das nicht hören will und dagegen spricht. Vielleicht ist eine Umarmung möglich. Signalisiere ihm/ihr, dass er/sie nicht alleine ist und dass sein Leben lebenswert ist. Oftmals vergeht diese negative Phase mit positivem Zuspruch.

7) Professionelle Hilfe

Solltest du aber ernsthaft besorgt sein, zögere nicht professionelle Hilfe zu rufen. Keine Sorge, du hilfst ihm/ihr damit, auch wenn es sich anfühlt, als würdest du ihm/ihr in den Rücken fallen. Du kannst ihn/sie auch begleiten. Psychotherapeuten und Psychologen sowie Psychiater sind Fachleute, die deinen Freund/in unterstützen werden. Auch du kannst dir beispielsweise in einer Selbsthilfegruppe Hilfe besorgen und dich schützen.

8) Updates

Hat dein Freund/in eine Therapie begonnen und macht langsam Fortschritte? Dann gib ihm/ihr Feedback zu oder frag, wie es ihm/ihr inzwischen mental geht. Lass ihn/sie wissen, dass er/sie sich nach wie vor auf dich als Freund/in verlassen kann.

9) Achtsamkeit

Bei aller Liebe für deinen Freund/in und deinem guten Herzen: Vergiss dich selbst nicht und achte darauf, dass du nicht die Sorgen anderer wie ein Schwamm aufsaugst und dich am Ende damit belastest. Damit hilfst du niemandem. Nimm dir auch mal eine Auszeit, gönn dir ein heißes Bad, einen guten Film oder triff andere Freunde, um positive Energie zu tanken.

10) Ausdauer

Hab Geduld und erwarte keine Wunder und auch nicht, dass dein Freund/in nach einigen Therapiesitzungen wieder der alte Freund/in ist. Verständnis und Geduld sind Fähigkeiten, die oftmals depressiven Menschen fehlen. Depressionen verschwinden nicht so schnell und auch nicht so einfach. An einem Tag kann es ihm/ihr gut gehen und am nächsten Tag schlimmer als zuvor. Auch er/sie möchte am liebsten schon geheilt sein um wieder glücklich sein zu können. Daher wärst du eine große Stütze, wenn du deinem Freund/in zeigst, dass du an ihn/sie glaubst und eure Freundschaft wichtig für dich ist. Er/sie wird dir das ein Leben lang nicht vergessen.

Mit diesen Tipps gelingt dir der richtige Umgang mit depressiven Freunden und Angehörigen.

Papierblätter als Symbolbild für Rechtliches.
Papierblätter als Symbolbild für Rechtliches.

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Neyna Tigris Parker

Neyna Tigris Parker

Redakteurin

Neyna studiert an der Technischen Hochschule Köln Online-Redakteur (B. A.) mit Schwerpunkt Kultur und Medien. Sie ist Film- und fernsehbegeistert und konnte bereits vor dem Studium erste Erfahrungen in der TV-Produktion u. a. als Set-Assistentin sammeln. Seit ihrer Jugend schreibt sie eigene Geschichten und veröffentlicht unter diversen Pseudonymen. Weitere Interessen sind Fotografie, Geschichte und Schauspiel. Für ein Feedback oder Interesse an einer Zusammenarbeit, freut sich Neyna auf deine Nachricht!