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Andere Länder, andere Sitten: So trauert die Welt

Für uns in Europa bedeutet der Tod tiefe Trauer und unfreiwilligen Abschied. Die Welt ist so divers wie ihre Bewohner und so trauern diese auch ganz unterschiedlich. Wir blicken auf einige interessante Bräuche, Sitten und Rituale, die uns Menschen verbinden oder doch voneinander unterscheiden.

So trauert die Welt:

China

In China gilt die Farbe Weiß als Trauerfarbe. Grundsätzlich wird Weiß getragen, es sei denn, der Tote wurde älter als 80 Jahre. In diesem Fall wird Rosa getragen, was symbolisch bedeutet, dass das Leben des Menschen gefeiert wird und er ein gutes und hohes Alter erreicht hat. Die Bestattung richtet sich nach dem Mondkalender und wird mit einem Mönch vorab besprochen. Wenn in China jemand stirbt, kann es vorkommen, dass die Familie spezielle Animateure engagiert, die während der Trauerfeier die Aufgabe haben zu weinen und zu trauern, um die Trauergäste dann zum Weinen und Trauern zu animieren, wenn das Weinen gerade nicht leicht fällt oder “zu wenig” ist. Es werden Räucherstäbchen angezündet und sogar Geld verbrannt. Der Glaube, dass die Seele Geld im Jenseits braucht, ist weit verbreitet. Genauso glauben die Chinesen daran, dass das laute Trauern durch Weinen und Schreien ebenfalls als Zahlungsmittel akzeptiert wird, damit der Tote das Jenseits betreten darf. Einige alte Völker schienen ihre Toten in Felswänden samt Särgen zu platzieren. So sind bis heute Gräber in einigen Felswänden erhalten geblieben. Wie die Völker die Särge in dieser Höhe positionieren konnten, kann bis heute nicht beantwortet werden. Vermutet wird aber, dass diese Grabstellen bis zu 3000 Jahre alt sein müssen. China gilt offiziell als atheistisch, doch nach wie vor haben verschiedene religiöse und philosophische Weltanschauungen, wie der Buddhismus, Daoismus und Konfuzianismus, einen bedeutenden Einfluss.  

Ghana

In Ghana gibt es ein harmloses und buntes Ritual. Die Särge sind ausgefallen und kreativ, haben Formen und Farben wie im Karneval. Dabei sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Wenn jemand einen Sarg in Form eines rosa Elefanten als Sarg wünscht, dann bekommt er ihn auch.

Indien, Bali, Nepal

In vielen Kulturen und Religionsgemeinschaften sind Frauen eine Randfigur, als sei der Tod ein Männerding. In Indien, Bali und Nepal hingegen gibt es einen Brauch, der andere Dimensionen erreicht. Offiziell ist dieser Brauch inzwischen verboten, aber immer wieder tauchen Fälle der sogenannten Witwenverbrennung (Sati) auf. Dabei werden trauernde Witwen, unabhängig davon, ob sie erst 18 oder bereits 68 Jahre alt sind, von der Gesellschaft dazu gedrängt, sich bei der Verbrennung des Mannes ebenfalls auf den Scheiterhaufen zu werfen und somit den freiwilligen Tod zu wählen. Dieser Akt soll die bedingungslose Liebe zum Ehegatten verdeutlichen, ohne den man nicht mehr leben wolle. Sati-Witwen werden verehrt, da behauptet wird, die Frauen würden freiwillig mit dem Ehemann sterben wollen. Viele Fälle haben mediale Bekanntheit erreicht und es gibt dazu auch ausreichend Berichte, dass Frauen das unfreiwillig tun. Wer sich dagegen entscheidet, sich mit dem toten Ehemann verbrennen zu lassen, stirbt einen gesellschaftlichen Tod. Die Witwen werden aus der eigenen Gemeinde ausgeschlossen. Generell haben Witwen einen schlechten Ruf in Indien oder in den benannten Orten. Die Mitglieder dieser Gemeinschaften glauben daran, dass Witwen Unglück bringen und so ist auch das weitere Leben dieser Frauen nicht leicht für sie. Obwohl sie gemieden und sogar verstoßen werden, erwartet die Gesellschaft von diesen Frauen, dass sie alleine bleiben und auch nicht auf den Gedanken kommen, erneut zu heiraten. 

Indonesien

Für unsere westliche Welt klingt das zunächst ziemlich bizarr, aber für das Volk der Toraja auf Sulawesi (Indonesien) ist dies völlig normal. Nach dem Tod eines geliebten Menschen, wird dieser zunächst einbalsamiert und zuhause in einem Sarg aufbewahrt. Für uns wäre dieser Mensch eindeutig tot, nicht aber für die Toraja, die zwar christlicher Herkunft sind, aber weiterhin an ihren Ritualen festhalten. Sie bezeichnen diesen Zustand als “makula”, also krank. Der Leichnam bleibt viele Monate in dieser Gestalt und die Hinterbliebenen führen das Leben fort, als sei der Verstorbene noch am Leben. Selbst nach der Bestattung endet die Trauer nicht, denn das Volk hat ein weiteres Ritual, welches “Ma’nene Zeremonie” genannt wird und alle drei Jahre stattfindet. Für dieses Fest werden viele Wasserbüffel geopfert und für die Verköstigung große Geldbeträge ausgegeben. Die Särge werden geöffnet und die Überreste entnommen. Anschließend werden die Toten zurecht gemacht und Verwandte, Freunde und Trauernde verbringen den Tag mit ihnen. Dabei wird mit Alkohol und Essen gefeiert, es werden Fotos gemacht und am Ende des Tages werden die Überreste erneut bestattet. 


In Dörfern wie Kete Kesu befinden sich in den Felswänden hängende Särge. Des Weiteren haben die Toroja den Brauch, tote Säuglinge in Bäume zu legen. Das bedeutet, dass weit oben in einem Baumstamm, ein viereckiges Loch geschnitzt wird, in das der Säugling gelegt wird. Anschließend wird das Loch mit einer Art Tür oder Fenster verschlossen. Die toten Babys sollen nach und nach eins werden mit dem Baum. Nach einiger Zeit wachsen die Löcher zu. Andere Bestattungsorte sind die Särge in den Felswänden oder in Höhlen. Die Toroja schnitzen Figuren, die das Aussehen und die Kleidung ihrer Toten tragen sollen und diese werden auch in den Felsenlöchern oder am Eingang von Grabhöhlen platziert. Die Puppen werden Tau-Taus genannt und haben eine reale Lebensgröße.

Irak

Das Aschura Fest gedenkt dem sogenannten Märtyrertod des Imam Hussein, ein Enkelsohn des islamischen Propheten Mohammed, der 680 n. Chr. bei Karbela im heutigen Irak gestorben ist. Die schiitischen Muslime und Aleviten aus aller Welt geißeln sich während der Feierlichkeiten selbst. Sie peitschen sich blutig, um daran zu erinnern, dass sie Hussein im Stich gelassen und seinen Tod nicht aufgehalten haben. Auch um seinen Schmerz zu teilen. Bei diesem Ritual werden auch Kinder nicht verschont. Selbst Säuglinge müssen an dieser Veranstaltung teilnehmen, wobei ihnen gewaltsam mit einem Dolch oder Schwert eine Verletzung am Kopf, direkt über der Stirn, zugefügt wird. Die Kinder weinen und sind blutüberströmt. Die Erwachsenen sind stolz und feiern diesen Anlass. Diese Trauerfeier findet jährlich statt und dauert einen ganzen Tag.

Du kannst dir nicht vorstellen, dass Menschen sich freiwillig geißeln? Schau dir das Video (Quelle: Euronews)an und du bekommst eine ungefähre Vorstellung. Triggerwarnung!

Hier geht es zum YouTube-Video: "Aschura-Gedenktag: Pilger strömen nach Karbala".

Japan

Die Sitzbestattung ist eine Bestattungsform, bei der der Verstorbene in der Sitzposition in einen dafür vorgesehenen Sarg gelegt und mithilfe einer Seilkonstruktion, mit den sogenannten Paradiesseilen, in das Grab herabgelassen und so beerdigt wird. Die Form der Bestattung entstand aus Platzmangel. Das ist natürlich nicht die einzige Bestattungsform in Japan und wird doch eher selten angewendet. Die Japaner tragen ebenfalls Weiß als Farbe der Trauer. Der Shintoismus und der Buddhismus beeinflussen sich in der Religiosität gegenseitig. In Japan gibt es neben der beliebten Feuerbestattung auch die Erdbestattung.

Jamaika

Das Nine-Night-Ritual ist eine neuntägige Totenwache und soll dem Toten dabei helfen, ins Jenseits zu gelangen. Die Trauer wird eher still und privat begangen. Das Ritual ist wie eine lange Party für andere Verwandte und Freunde sowie Nachbarn, die zusammenkommen und gemeinsam essen, trinken, reden und einander Trost spenden. Während dieser Zeit werden Spiegel bedeckt, da man glaubt, dass die Seele des Toten noch in der Nähe ist und man diesen nicht erzürnen möchte. Der Tote wird noch zu Beginn rituell gewaschen und einbalsamiert, damit er für das Nine-Night-Ritual zuhause aufbewahrt werden kann. Der Körper wird verkehrt herum in das Bett gelegt, um den Geist davon abzuhalten, Böses zutun. In der letzten Nacht nach Mitternacht wird das Leben des Toten gefeiert. Dabei sollen alle fröhlich und lebensbejahend sein. Am neunten Tag wird der Tote beerdigt. 

Madagaskar

Auf Madagaskar findet ebenfalls ein ähnlicher Totenkult statt. Die Einwohner holen die Toten viele Jahre nach der Bestattung aus den Särgen und feiern mit ihnen gemeinsam das Fest "Famadihana", um sie anschließend wieder zu bestatten. 

Mexiko

Einmal im Jahr findet in Mexiko am ersten und zweiten November das Fest “Der Tag der Toten” (“Dia de Muertos”) statt. Die Gräber werden bunt geschmückt und zuhause werden Altäre für die verstorbenen Familienmitglieder hergerichtet. Die gesamte Familie, Freunde und eigentlich jeder Mexikaner kann es kaum erwarten die Toten wieder auferstehen zu lassen. Es wird viel Geld für die Toten ausgegeben und alles wird prunkvoll gedeckt. Am liebsten mit den Lieblingsspeisen und -getränken der Toten. Sogesehen ist dieses Fest eine Art Portal, auf dem die Toten die Lebenden besuchen und mit ihnen Zeit verbringen. So werden Schreine hergerichtet, Masken und  Statuen durch die Straßen getragen, es wird getanzt und gefeiert. Die Mexikaner haben keine Angst vor Geistern oder Toten. Sie sehen den Tod als einen großen Teil des Lebens und selbst die Kleinsten freuen sich auf diese Festivitäten, die etwas an Halloween erinnern. Sie schminken sich das Skelett-Gesicht und feiern den Tod und das Leben. Als Symbol gilt eine weibliche Form des Sensenmannes, die mehr als Jesus oder Jungfrau Maria gehuldigt wird.  

Papua-Neuguinea

Das indigene Volk der Dani aus Papua-Neuguinea hängt seine Toten an Bäume und Stämme, um die Trauerfeier vorzubereiten. Anschließend werden die Toten wieder heruntergenommen und sind als Teilnehmer bei den Feierlichkeiten dabei. Führende Persönlichkeiten, wie der Stammesführer, werden nicht bestattet, sondern zunächst eingeräuchert und liegen anschließend in Hütten. Diese Mumien werden zu festlichen Anlässen herausgeholt, sodass sie an diesen Feierlichkeiten teilnehmen können. Den Familienmitgliedern eines Toten werden Finger amputiert, um den Geist des Toten zu beruhigen, da die Bevölkerung an schwarze Magie und böse Geister glaubt. Zudem gibt es Kannibalismus in dem Volk und es kommt auch vor, dass die Angehörigen den Toten “wiederverwerten”. 

Philippinen

Auf den Philippinen gibt es hängende Särge. Das Bergvolk der Igorots hängt hier die Toten in eine Felswand, da sie glauben, dass die Seelen der Toten unter der Erde ersticken könnten. 

Tibet

In Tibet gibt es eine Bestattungsart, die für unsere Verhältnisse ziemlich schockierend ist. Die sogenannte Himmelsbestattung sieht so aus, dass der Körper des Toten vom Bestatter zerstückelt und dann für Aasgeier zum Verzehr hoch oben oder auf Feldern positioniert wird. Dieses Ritual wurde früher auch in der Mongolei praktiziert. Die Tibeter glauben, dass eine komplette Auflösung des Leichnam ein Zeichen dafür ist, dass der Tote zu Lebzeiten sündenfrei war. (Auf YouTube gibt es tatsächlich Videos über die Himmelsbestattung der Tibeter, was trotz der Sicherheitswarnung von YouTube auch für Minderjährige zugänglich ist. Diese Videos sind nicht empfehlenswert und sollten wirklich nicht geschaut werden, da sie traumatisch sein können.)

USA

In den USA besteht die Möglichkeit, für eine stattliche Summe einen Teil der Asche eines Toten in einer Miniatur-Urne ins All schießen zu lassen. Erstmals wurde dies 1997 von dem Unternehmen Celestis in Auftrag gegeben. 


Andere Länder, andere Sitten: Ziemlich heftige Rituale, die es auf unserem Planeten gibt. Wie sieht es eigentlich in Deutschland aus? Bist du gut informiert?

Religionsgemeinschaften in Deutschland, die du vielleicht noch nicht kennst

In Deutschland leben über 83 Millionen Menschen (Stand: 2020). Über die Hälfte davon ist christlicher Konfession (28,6% davon Römisch-Katholisch und 25,8% Evangelisch.) Knapp 27% der Deutschen definieren sich als Agnostiker oder Atheisten. Des Weiteren leben 5,5 Millionen Muslime in der BRD. Mit knapp 100.000 Juden gilt die älteste der Abrahamitischen Religionen als Minderheit hierzulande. Zudem gibt es genauso viele Hindus und ca. 250.000 Buddhisten. Die restliche Bevölkerung wird unter "Sonstiges" geführt.


In diesem Teil schauen wir uns zwei Religionsgemeinschaften an, die oft in Vergessenheit geraten.

Jesiden und Zoroastier:

Die Jesiden

Die ethno-religiöse Volksgruppe der Jesiden glaubt nicht daran, dass das Leben mit dem Tod endet, sondern, dass die unsterbliche Seele den Körper wechselt und somit wiedergeboren wird. Diese Form der Seelenwanderung  (Reinkarnation) wird als Kleiderwechsel („Kirasguhertin“) betrachtet. Die Seele wechselt ihr Kleid - und ihren Körper.

Wenn es um die Frage des Ursprungs der Jesiden geht, scheiden sich die Geister. Viele glauben, sie seien Nachfahren der Sumerer. Andere glauben, Jesiden seien arabischer Herkunft. Interessanterweise glaubt ein Teil der Jesiden, dass sie ihren Ursprung in Hindustan haben. Zumindest heißt es aus der hinduistischen Bhagavad Gita

”So wie ein Mensch abgetragene Kleider ablegt und andere, neue anlegt, so legt auch die Seele die abgetragenen Körper ab und geht in andere neue ein.“

Nachdem ein Jeside verstorben ist, werden die restlichen Angehörigen sowie die religiösen Vertreter (Sheikhs und Pirs gehören der Priesterkaste an und sind stützende Pfeiler der jesidischen Gesellschaft.) des Verstorbenen benachrichtigt, die für die rituelle Waschung zuständig sind. Die sogenannten Jenseitsbrüder/-schwestern (Paten, die zu Lebzeiten ausgewählt werden und in guten wie in schlechten Zeiten auch als Berater und Zeugen fungieren) sind ebenfalls anwesend und bei der Zeremonie aktiv. Die rituelle Waschung wird vom Sheikh und vom Pir gemeinsam ausgeführt. Weihrauch wird angezündet. Der Sheikh reinigt den Körper, während der Pir das Abspülen mit klarem Wasser übernimmt. Währenddessen werden Gebete vorgetragen. Der Tote wird neu in Weiß eingekleidet. Danach wird der Leichnam in weiße Leinentücher gewickelt und die Priester verschließen die Öffnung am Kopf und an den Füßen. Später werden diese Enden wieder geöffnet und dem Toten wird der heilige ”Berat“ (Steinkugeln aus dem Tempel Lalisch/Irak) in die Hand gelegt, um ihn den Weg ins Jenseits zu erleichtern.

Bei den Jesiden werden die Verstorbenen beerdigt. Die Feuerbestattung wird nicht praktiziert und spricht aus Sicht der Jesiden gegen die Schöpfung, da der Körper als Hülle wieder der Erde zugeführt werden soll und sich somit der Kreis wieder schließt. Ursprünglich stammen Jesiden aus den Ländern Türkei, Syrien und Irak. Inzwischen haben sie in deutschen Städten wie Köln, Hannover, Bielefeld und Oldenburg sogar eigene Friedhöfe. Die Bestattung in Deutschland ist aber nicht ganz üblich. Jesiden senden Verstorbene eigentlich zurück in die Heimat, da sie in den jeweiligen Orten eigene Friedhöfe haben und so mit ihren Vorfahren verbunden sind.

Jesiden werden immer wieder von ihren islamistischen Nachbarn verfolgt und als Religionsgemeinschaft nicht anerkannt. Dies geschah zuletzt 2014 im Rahmen der Angriffe des sogenannten Islamischen Staats. Friedhöfe, Tempel und Grabstätten von Jesiden sind oftmals schutzlos und müssen nach Plünderungen und Zerstörungen erneut aufgebaut werden. In ihren Heimatländern haben Jesiden weiße Gräber. 

Auf dem Grab wird ein heller Naturstein platziert. Darauf folgt ein Grabstein, der neben den üblichen Daten mit einem Sonnensymbol oder anderen jesidischen Erkennungszeichen verziert ist. Bei den Jesiden gibt es auch darüber hinaus Mausoleen. Jesiden sehen sich als Sonnenanbeter, denn die Sonne ist für sie der ultimative Beweis für die Allmacht eines Gottes und für seine Existenz. Ohne Sonne, kann es demnach kein Leben geben. Daher wenden sie sich beim Gebet immer zur Sonne.

Bei einer Bestattung tragen die anwesenden Trauernden schwarze Kleidung. Die Frauen sind dabei ungeschminkt und verhüllen idealerweise die Haare als Zeichen des Respekts. Die Männer dürfen sich nicht rasieren und nicht zurechtmachen; das gälte als pietätlos, würde man sich parfümieren und zurechtmachen. Für die Trauerfeier wird oftmals ein Saal gemietet, damit Menschen aus aller Welt die Gelegenheit haben, sich zu verabschieden. Hierbei werden keine Einladungen versandt, sondern die Betroffenen persönlich informiert. Wie ein Lauffeuer soll sich die Nachricht verbreiten,  damit Menschen kommen, um der Familie ihr Beileid zu bekunden und gemeinsam zu trauern. Smartphones, auffälliges Verhalten und Lachen werden in diesem Kontext nicht geduldet. Es gehört sich, sich bedeckt zu halten. Die Verabschiedung findet bei geschlossenem Sarg statt. Frauen und Kinder dürfen auch teilnehmen, wobei die Frauen sich eher untereinander aufhalten und Klagelieder singen und gemeinsam trauern. Die Männer sitzen im gleichen Saal, aber auch für sich. Wer weinen muss oder möchte, tut dies öffentlich. Eine Trauerfeier soll dabei kein Ort für Heiterkeit und Streitereien sein. Während der Beisetzung werden religiöse Gebete und Lieder von den Priestern vorgetragen. Der Tote wird im Sarg beerdigt, dabei spricht man auch von ”Amanete Xwede“ (dt.: in die Obhut Gottes). Nach der ersten Trauerfeier findet nach 40 Tagen eine kleine Trauerfeier für den Toten statt. Eine Opfergabe in Form von Nahrungsmitteln wird an andere Jesiden, die der Familie nahe stehen, verschenkt. Auch ein Jahr später, am  Todestag, werden erneut Opfergaben verschenkt mit dem Grundgedanken, dass die Seele der Verstorbenen diese Gaben erhalten.

Kanntest du dich mit den Ritualen der Jesiden aus? In ihren Heimatländern, wie beispielsweise im Irak, wo eine kurdische Autonomie existiert, wird seit Jahrzehnten eine Assimilationspolitik betrieben, die für die Verfälschung der Religion und vor allem Historie der Jesiden sorgt. Seit der Verfolgung durch Islamisten haben sie sich weitgehend abgeschottet und selbst in Deutschland gibt es Jesiden, die von klein auf gelehrt werden, ihre Herkunft nicht preiszugeben, um sich vor Anfeindungen zu schützen. Einige Jesiden sind durch diesen Assimilationsprozess davon überzeugt, Zarathustra-Anhänger zu sein. Aber welche Bestattungsrituale haben Zoroastrier?

Die Zoroastrier/die Parsen

Das Persische Reich kannte vor der Islamisierung die Religion von Zarathustra, doch glanzvolle Zeiten sind lange vorbei. Nach der Verbreitung durch den Islam wurden die Anhänger des Zoroastrismus zwangsislamisiert, ermordet oder vertrieben (heute sind 99,4% der Iraner Muslime). Die Anhänger Zarathustras leben heute verstreut in der Welt, doch der größte Teil konnte in Indien Fuß fassen. Dort werden sie Parsen genannt und praktizieren ihren Glauben - allerdings mit verschiedenen Einschränkungen. In Mumbai haben sie mehr Freiheiten als in anderen Städten. Die sogenannte Himmelsbestattung oder Luftbestattung äußert sich wie folgt: In sogenannten Dachma-Türmen (Türme des Schweigens) werden Tote abgelegt und Aasgeiern oder anderen Vögeln überlassen. Diese Art Bestattung durchzuführen, da die Populationen dieser Vögel in den letzten Jahren gesunken sind, wird immer schwerer. Die Idee hinter dieser Bestattungsform ist diejenige, dass der Leichnam wieder in den Kreislauf des Lebens gelangen soll, er als Futter für die Vögel verspeist und somit aufgelöst wird. Allerdings verrotten die Überreste immer häufiger in den Türmen. 

Im Iran befindet sich die Stadt Yazd, die als Pilgerstätte für Gläubige betrachtet werden kann. Die noch vorhandenen Türme des Schweigens wurden ab 1955 stillgelegt und dürfen seither nicht genutzt werden. Das liegt hauptsächlich daran, dass die Vögel im Flug Überreste wie Knochen und Fleischstücke verloren und das für Entsetzen bei der restlichen Bevölkerung sorgte. Darüber hinaus hat sich nach der Islamischen Revolution im Jahre 1979 die Lage von Andersgläubigen im Iran stets weiter verschlechtert. 

Puh! Nun hast du ziemlich viele Einblicke in andere Kulturen und Länder gewonnen, doch selbst hierzulande leben wir multikulturell, haben Gemeinsamkeiten oder Unterschiede. Wir können voneinander lernen, nebeneinander und miteinander existieren. Das setzt Respekt und Toleranz voraus, selbst für Sitten, Gebräuche und Rituale, die wir vielleicht nicht verstehen.

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Papierblätter als Symbolbild für Rechtliches.

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Neyna Tigris Parker

Neyna Tigris Parker

Redakteurin

Neyna studiert an der Technischen Hochschule Köln Online-Redakteur (B. A.) mit Schwerpunkt Kultur und Medien. Sie ist Film- und fernsehbegeistert und konnte bereits vor dem Studium erste Erfahrungen in der TV-Produktion u. a. als Set-Assistentin sammeln. Seit ihrer Jugend schreibt sie eigene Geschichten und veröffentlicht unter diversen Pseudonymen. Weitere Interessen sind Fotografie, Geschichte und Schauspiel. Für ein Feedback oder Interesse an einer Zusammenarbeit, freut sich Neyna auf deine Nachricht!