Die Seite awayfromkeyboard.info wurde ins Leben gerufen von Hinterbliebenen des mit 29 Jahren verstorbenen Jan B. aus Norddeutschland. Hier erzählen wir dir, was uns im Umgang mit dem unerwarteten Tod unseres Freundes geholfen hat.
Du liest das hier wahrscheinlich, weil du selbst irgendwie online mit dem Thema Tod konfrontiert wurdest. AFK möchte dich ermutigen, befähigen und aufklären, Entscheidungen rund um den Tod zu treffen, solange du jung und gesund bist. Auf so eine traurige Geschichte wie mit Jan kann man sich nicht vorbereiten. Aber es gibt ganz viele positive Dinge, die wir durch ihn und beim Klarkommen mit seinem Tod gelernt haben.
Jan war ein absoluter Foodie, der oft und gerne für andere gekocht hat, hat öfters den Job gewechselt, war Single, begeisterte sich für Tiny Houses und hatte immer irgendein Bauprojekt am Laufen. Als Software- und Game-Entwickler war er aktiv in vielen Online-Communitys. Kurz: Er war ein sozialer Typ, hat ständig neue Leute kennengelernt und mit ihnen Teile seines Lebens verbracht, online wie offline.
Als Jan im November 2020 starb, war es zunächst wie bei alten Leuten: Wer seine Familie kannte oder in der Nähe wohnte, hat es zuerst erfahren. Es gab ganz analog eine Traueranzeige, einen Blumenkranz mit seinem Namen und eine Gedenkstätte auf dem örtlichen Friedhof.
Wir anderen haben von Jans Tod auf digitalen Umwegen und erst Wochen später erfahren – auf den Kanälen, wo wir eben zuletzt mit Jan in Kontakt waren: Discord, Signal, Slack, WhatsApp und Co. Es fühlte sich ganz und gar unwirklich an. Man musste ja nur kurz scrollen und da war sein Profilbild mit dem letzten Nachrichtenverlauf. Wie kann er denn tot sein, ist er nicht einfach nur afk?
Langsam fanden Jans verstreute Kontakte zusammen und teilten die Informationen, Trauer, Erinnerungen und Anteilnahme. Nach dem ersten Schock über den Verlust fühlten wir uns allein mit dem Thema – obwohl so viele Leute Jan kannten und der Tod ja alle betrifft. Die Antworten, die wir im Netz fanden, passten nicht zu unseren Fragen. Wir wünschten uns Informationen und Dienste, die weniger durch alte analoge Menschen und durch Google vorgefiltert sind. Sie sollten mehr mit unserer Gegenwart und vor allem Zukunft zu tun haben.
Unter den Leitgedanken "diesseits von zu spät", "soziale Bindungen stärken" und "besser als selber googeln" veranstalteten zwei von uns einen Hackathon zum Thema digitaler Nachlass. Das Ergebnis ist awayfromkeyboard.info. Wir glauben, Jan hätte es cool gefunden. Seine Art Dinge zu tun steckt hier in jedem Pixel. Wenn auch du jemanden verloren hast, schau dir unsere Rubrik Farewell an – dort haben junge vernetzte Menschen noch viel mehr konstruktive Tipps gesammelt, um mit Trauer klarzukommen.
Es ist dir zu krass, dich mit deinem eigenen Tod zu konfrontieren? Der Gedanke belastet dich, später einmal selbst Hinterbliebene zu haben oder zu sein? Das ging (und geht) uns ganz genauso. Um trotzdem den Anfang zu finden, probier den Rucksack-Trick. Stell dir vor, du hast deinen Rucksack mit allem drin verloren: Laptop, Handy, Schlüssel, Portemonnaie. Dich auf dieses Szenario vorzubereiten ist zwar auch nicht gerade spaßig, macht dir aber auf jeden Fall das Leben leichter und auch den Leuten, die in einem solchen Fall für dich da sind.
Fällt es dir schwer, die Menschen in deinem Leben nach Nähe oder Wichtigkeit zu sortieren, und du hast keine Ahnung, wer in deinem Testament stehen oder dein Notfallkontakt sein könnte? Überleg dir, wie du eine Überraschungsparty für dich selbst organisieren würdest. So ermittelst du leicht die „Schlüsselfiguren“ – wer sich bei dir vor Ort auskennt, wer die meisten gemeinsamen Sozialkontakte hat, wen du eher nicht einladen würdest. Mit diesen beiden Tricks und zwei Stunden Zeit-Investment kannst auch du deinen digitalen Nachlass regeln und das Leben entspannter genießen!